Haller Verwaltung forciert die Ausweisung neuer Gewerbe- und Industrieflächen – Nachbarkommunen sind alarmiert

Der Haller Ravenna-Park, auf dem das Gerry-Weber-Logistikzentrum entsteht.       FOTO: H. GONTEK Ko

Der Haller Ravenna-Park, auf dem das Gerry-Weber-Logistikzentrum entsteht. FOTO: H. GONTEK Ko

VON MARC UTHMANN – Halle . Wenn heute der Ravenna-Park eröffnet wird, dann liefert die Szenerie eine gewisse Symbolik gleich mit. Die Konturen des mächtigen Logistikzentrums von Gerry Weber führen dem staunenden Betrachter die Haller Wirtschaftskraft vor Augen. Doch der Appetit der Stadt scheint nicht gestillt. Das beweist die Verwaltungsvorlage zu einem Haller Konzept für die Neuausweisung weiterer Industrie- und Gewerbeflächen (das HK berichtete). Doch berührt die Offensive aus der Lindenstadt auch die Interessen anderen Kommunen. Ein Standort- wettbewerb zeichnet sich ab.

„Das Ganze muss man sensibel
angehen; wir wollen niemanden
verschrecken“, betont Jür-
gen Keil, Leiter des Haller Bauund
Planungsamtes, sagt aber
auch: „Planen können wir nur für
Halle. Und letztlich müssen wir
uns darüber klar werden, was wir
wollen. Das wird eine politische
Entscheidung sein.“

„Das Ganze muss man sensibel angehen; wir wollen niemanden verschrecken“, betont Jürgen Keil, Leiter des Haller Bau und Planungsamtes, sagt aber auch: „Planen können wir nur für Halle. Und letztlich müssen wir uns darüber klar werden, was wir wollen. Das wird eine politische Entscheidung sein.“

Keil hatte in seiner Vorlage für den jüngsten Haupt- und Finanzausschuss offen dafür votiert, neue Gewerbe- und Industrieflächen nicht auf den Bedarf örtlicher Betriebe zu beschränken. „So haben zum Beispiel die Städte Harsewinkel, Versmold und Werther keinen Autobahnanschluss auf ihrem Stadtgebiet“, heißt es dort. Es mache daher Sinn, die „Lagegunst der A33 zu nutzen und dort neue Gewerbe- und Industrieflächen zu verorten“. Das würde neben dem Ravenna-Park ein weiteres großes Gewerbegebiet für Halle bedeuten.

Klingt zunächst einmal so, als baggere die Lindenstadt schamlos die Betriebe ihrer Nachbarkommunen an. „Das ist ja eine Umarmung für die gesamte Region. Die sollte aber abgesprochen sein“, kommentiert Werthers Bürgermeisterin Marion Weike die neuen Töne aus Halle. Und auch Versmolds Bauamtsleiterin Nina Herrling gönnt sich zumindest den süffisanten Hinweis, dass „die Haller schon einen sehr selbstbewussten Auftritt haben“. Doch etwaige Expansionsgelüste könnten gar nicht zügellos ausgelebt werden das wäre mit den Vorgaben der Regionalplanung nicht vereinbar. „Ohne interkommunale Zusammenarbeit wird es keine größeren Industrie- und Gewerbegebiete mehr geben“, sagt Herrling.

Das weiß man natürlich auch in Halle: „Die Planungsämter im Kreis Gütersloh sind sich einig, gemeinsame Konzepte zu entwickeln“, sagt Jürgen Keil. Und in der Lindenstadt hat man damit Erfahrung das Projekt Ravenna-Park mit Beteiligung von Gütersloh (38 Prozent der Gewerbe- und Grundsteuereinnahmen) und Werther (8 Prozent) ist ein voller Erfolg. Halles Verwaltung will wie berichtet auch hier die Erweiterung und bekommt dabei sogar Unterstützung aus Werther: „Das von der Bezirksregierung Detmold vorbebrachte Problem mit dem Wasserschutzgebiet halte ich für lösbar –die Pläne sollten zeitnah umgesetzt werden“, sagt Marion Weike und schiebt nach, dass man hier mit Halle hervorragend zusammenarbeite.

Werther würde bei einer Erweiterung wie vertraglich vereinbart wiederum mit acht Prozent profitieren. „Große Betriebe in Halle anzusiedeln, macht auch darüber hinaus Sinn“, sagt Werthers Bürgermeisterin –und findet zugleich deutliche Worte der Kritik: „Die Haller sollen ruhig gutes Geld verdienen –aber wenn sie zeitgleich überlegen, aus der Jugendamtsumlage auszusteigen, ist das unsolidarisch. Leben und leben lassen, muss die Devise lauten!“

In Versmold betrachtet man die Haller Offensive vorerst gelassen. „Wir stehen uns mit Borgholzhausen sehr nahe und sind mit dem Interkommunalen Gewerbegebiet gut aufgestellt“, sagt Nina Herrling. Zudem begleite man auch den Prozess um die Entwicklung der Flächen des ehemaligen Gütersloher Flughafens. „Ein Windhundrennen der Kommunen wird uns als Kreis nicht weiterbringen.“

Halle indes will sein eigenes Industrie- und Gewerbeflächenkonzept bis zum Sommer aufstellen. Und Jürgen Keil gibt eine Richtung vor: „Ich glaube nicht, dass ein Klein-Klein der einzelnen Kommunen bei der Ausweisung von Flächen der richtige Weg ist.“ Die Lindenstadt öffnet der Wirtschaft also die Tür –übrigens nicht ohne den Hinweis in der brisanten Vorlage, dass die eigenen Interessen „selbstverständlich ausreichend zu berücksichtigen seien“ …

KOMMENTAR – Wettstreit um Flächen

VON MARC UTHMANN – Jeder plant zuerst für sich. Nach diesem Grundsatz handeln die Verantwortlichen im Haller Rathaus um Jürgen Keil –nach diesem Grundsatz tun es auch die Entscheider der anderen Städte und Gemeinden im Kreis Gütersloh. Zwar fordert die Regionalplanung interkommunale Zusammenarbeit und macht sie zur Voraussetzung für neue Gewerbe- und Industrieflächen –am meisten profitiert jedoch jene Kommune, die Betriebe zu sich holt. Sie wird den Löwenanteil der Steuereinnahmen erbeuten, wie Halle im Ravenna-Park. Und so hat er entgegen allen Bekundungen begonnen, der Kampf um die beste Ausgangsposition im Rennen um knappe Flächen. Wie das wirtschaftliche Wettrüsten das Gesicht der Region verändern wird, ist nicht abzusehen. Blühende Landschaften im Wortsinn dürften knapper werden.

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