Photovoltaik-Zuschuss-Kürzung: Dierk Bollinschreibt an den Minister

Ärger rauslassen: In einem Brief an den Bundesminister Philipp Rösler beklagt sich Dierk Bollin (Mitte) über das Vorgehen der Bundesregierung in Sachen Photovoltaik. Neben ihm die Mitarbeiter Thorsten Stöwe (rechts, Elektro-Meister) und Marvin Steffen von der FH Bielefeld. Foto: r. feldkirch

Ärger rauslassen: In einem Brief an den Bundesminister Philipp Rösler beklagt sich Dierk Bollin (Mitte) über das Vorgehen der Bundesregierung in Sachen Photovoltaik. Neben ihm die Mitarbeiter Thorsten Stöwe (rechts, Elektro-Meister) und Marvin Steffen von der FH Bielefeld. Foto: r. feldkirch

von remmert feldkirch Borgholzhausen. Während in Berlin am vergangenen Montag rund 11 000 Demonstranten gegen den von der Bundesregierung geplanten Solarausstieg protestieren, hat Dierk Bollin aus Borgholzhausen eine andere Art von Protest im Sinn: Er schreibt einen gepfefferten Brief an Philipp Rösler, den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Bundesvorsitzenden der FDP und deutschen Vizekanzler. Er stellt darin die provozierende Frage: „Sind Sie wirklich Wirtschaftsminister?“

Die Firma Bollin ist ein heimischer Handwerksbetrieb mit rund einem Dutzend Mitarbeitern, der sich neben Elektroinstallationen speziell auf Wärmepumpentechnik und Solartechnik spezialisiert hat. Weil jetzt die Förderung runtergehen soll, hat er seit Wochen Hochbetrieb, „mit 29 Leuten bauen wir zurzeit die Solar-Module auf die Dächer.“ Er fürchtet, dass jetzt mit diesem neuen Einschnitt die Photovoltaik-Industrie am Ende ist. Davon wären bundesweit rund 120 000 Arbeitsplätze betroffen. „Mein Betrieb in Borgholzhausen kann das überleben, wir haben noch andere Standbeine.“ Doch mit diesem Schritt gehe die Politik einfach in die falsche Richtung, ist der FachmannBollin überzeugt.

Das versucht er auch in dem Brief an Philipp Rösler deutlich zu machen. So wird jetzt eine vorgezogene Solarkürzung zum 9. März von zum Teil mehr als 30 Prozent geplant und die Vergütung soll auf 90 Prozent begrenzt werden. „Wir haben gerade eine drastische Senkung der Vergütung im Januar von 15 Prozent bekommen.“ Die nächste Anpassung war für Juni 2012 vorgesehen. „Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass mit Ihrer Aussage viele deutsche Hersteller und Handwerker in den Ruin getrieben werden? Wir im Handwerk haben gelernt, schnell und kurzfristig zu reagieren. Aber doch bitte nicht innerhalb von 14 Tagen“, schreibt er an den zuständigen Minister. Viele Verträge mit Kunden seien damit hinfällig.

Angeblich seien die Verteilernetze durch Photovoltaik überlastet, im gleichen Atemzug werde behauptet, dass gerade drei Prozent der benötigten Energie durch Photovoltaik produziert wird. Das sei doch einfach widersprüchlich. Dierk Bollin lässt in seinem Brief Fakten sprechen: „Seit 2008 wurden die Kosten für die Förderung von Solarstrom um 50 Prozent halbiert und die Leistung vervierfacht. Der Strompreis ist in den letzten zehn Jahren umrund vier Prozent gestiegen. Von den eigentlich erwarteten 24,5 Cent pro kWh entfallen lediglich 3,6 Cent auf die EEG Umlage, das ist eine besondere Umlage für die Erneuerbaren Energien. Von diesen 3,6 Cent mehr, die der Strom in 2016 im Vergleich zu 2012 kosten wird, gehen 0,46 Cent, das sind zwölf Prozent, auf den Zubau von Solaranlagen, aber 0,64 Cent (17 Prozent) entfallen auf die Offshore- Windparks. „Wenn wir nun genau hinschauen“, so Dierk Bollin, „sehen wir, dass die Windenergie einen großen Anteil an der EEG-Umlage hat.“

Eine sinnvolle Anpassung der Fördermittel in Form derVergütung sei nie ein Fehler, ein aktionistischer »Vom-Tisch-Wegwischer « sei jedoch ganz falsch. Der Piumer Handwerker fragt den Bundesminister: „Können Sie ruhig schlafen, wenn man Ihnen vorwirft, dass Sie »immer mehr zu einem unkalkulierbaren Risiko für die Energiewende« werden?“ Fakt sei, so Bollin, dass die Energiewende schnellstmöglich umgesetzt werden müsse. Fossile Energien sind nicht unendlich. Des Weiteren sei bekannt, dass die heutigen Kraftwerksdtrukturen und Energienetze in der nächsten Zukunft mit den heutigen Strukturen nichts mehr zu tun haben. Dezentralisierung und virtuelle Kraftwerke seien zwingende Umsetzungsmaßnahmen der Energiewende.

Der engagierte Dierk Bollin weiter: „Wir sind es unseren Kindern und Kindeskindern schuldig zu handeln; nicht morgen, sondern heute. Da ist einfach kein Platz mehr für Lobbyismus. Zurzeit schaut die Welt auf Deutschland und ist gespannt, wie wir unsere ehrgeizigen Ziele umsetzen wollen. Zum Teil werden wir belächelt, aber andererseits auch sehr ernst genommen und man weiß auch, wenn es einer schaffen kann, 100 Prozent regenerativ zu sein, dann sind wir das. Mit dem Know how lässt sich bares Geld verdienen. Ich wünsche mir von der Bundesregierung und Ihnen als Vizekanzler mehr Geradlinigkeit, vor allem Visionen, bei denen die Worte »wie«, »wenn« und »aber« nicht im Vordergrund stehen.“ Dierk Bollin lädt Philipp Rösler zu einer Diskussionsrunde ein. „Ich würde mich freuen, Sie bei uns begrüßen zu dürfen, um Ihnen den Betriebsablauf im Handwerk nahezu bringen.“

Inzwischen hat die Bundesregierung auf die Proteste reagiert und die Absenkung der Förderung auf den 1. April verschoben. Dierk Bollin entnervt: „Das bringt doch auch nichts.“

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