Das Böckstiegel-Mosaik von Irmgard Wiesbrock blickt seiner Vollendung entgegen
Von Anja Hanneforth – Werther. Irmgard Wiesbrock kann sich noch gut erinnern, als sie die ersten Steine des Böckstiegel-Mosaiks verlegt hat. Das ist jetzt mehr als drei Jahre her. Nach viel Hickhack über Standort, Motivwahl und der Frage, ob man aus einem Querformat ein Hochformat machen darf, indem man statt des ganzen Bildes einfach einen Ausschnitt wählt – Streitigkeiten übrigens, an denen die Künstlerin aus Häger keinerlei Anteil hatte – hat diese ihre Arbeit wieder aufgenommen. Unglaublich detailverliebt geht das Mosaik inzwischen seiner Vollendung entgegen. Wenn nichts dazwischenkommt, soll es Mitte April an seinem endgültigen Standort an der Frontseite der Ampelschule aufgehängt werden.
Wer die Arbeit von Irmgard Wiesbrock sieht, ist fasziniert. Weit über 100 000, vielleicht sogar 200 000 einzelne Steinchen aus italienischem Murano-Glas werden es am Ende sein, die auf der vier mal 2,50 Meter großen Fläche einen Ausschnitt des Böckstiegel-Gemäldes »Meine Eltern bei der Kornernte« abbilden. Genau kann es Irmgard Wiesbrock nicht sagen. Fest steht, dass sie 66 000, etwa einen Quadratzentimeter große Steinchen verarbeiten wird. Doch allein in den Hosenbeinen des Bauern, aber auch in der geschwungenen Landschaft stecken viele kleinere Steine, alle einzeln mit einer speziellen Zange auf die passende Größe zurechtgeschnitten.
Wie filigran diese Arbeit ist und welch großer Reiz von ihr ausgeht, konnten am Montagabend die Mitglieder des Kulturausschusses erleben. Sie trafen sich im Vorfeld ihrer Sitzung im Atelier von Irmgard Wiesbrock inHäger–undstaunten. Denn das Mosaik wirkt riesig, insgesamt, erzählt die Künstlerin, besteht es aus vier Teilen, die später einzeln an der Wand der Ampelschule befestigt werden. Sechs bis sieben Monate reiner Arbeitszeit, schätzt sie, stecken in dem Bild; daher seien die Kosten von 23 000 Euro auch keineswegs überzogen, sondern viel mehr schmal gerechnet.
Die Querelen, die im Hintergrund liefen und die Künstlerin immer wieder zum Unterbrechen ihrer Arbeit zwangen, kann sie nur in Teilen verstehen. Dass ein Bild zum Beispiel geteilt oder nur ein Ausschnitt gezeigt wird, sei in der Kunst üblich. Für Kataloge oder für Buchtitel etwa. „Daher finde ich es toll, dass die Politik nun doch entschieden hat, dass das Mosaik fertiggestellt werdensoll.“
Trotz aller Schwierigkeiten, die es um das Böckstiegel-Mosaik gegeben hat, ist Irmgard Wiesbrock noch immer voller Freude bei der Arbeit. „Es ist wirklich so, dass es mich morgens aus dem Bett ins Atelier zieht“, erzählt sie. Das Bild sei inzwischen das ihre, es mache viel Spaß, daran zu arbeiten.
In den nächsten Wochen wird die Künstlerin den noch fehlenden Torso des Bauern ausfüllen, danach die Steine verfugen. „Dann kann man noch besser als jetzt erkennen, das es ein Mosaik und kein Gemälde ist.“ Auch demnächst als Fußgänger, wenn man vor dem Ampelschulgebäude steht und hochschaut.
Im April, so der Plan, soll das Mosaik an seinem neuen Standort installiert werden. „Ich freue mich“, blickt Irmgard Wiesbrock diesem Augenblick mit Spannung entgegen. Mittels eines Hubsteigers oder eines Gerüsts wird das Objekt an der Wand befestigt, was ein bis zwei Tagedauernkann.
Und schon jetzt freut sich die Künstlerin auf den Tag, wenn der erste Sonnenstrahl auf die abertausende von Glassteinchen fällt. Dann wird der Böckstiegel zu funkeln beginnen. Etwas, das Werthers großem Künstler, der sich Zeit seines Lebens für Kunst im öffentlichen Raum ausgesprochen hat, sicher gefallen würde.