Starkes Debüt: „Schlangenmensch“ Monfils begeistert die Fans bei den GERRY WEBER OPEN

HalleWestfalen. Er könnte auch die Hauptrolle in einem coolen Clip der Musikkanäle VIVA oder MTV spielen. Und seine Muskelpakete erinnern eher an amerikanische Football-Stars, an Mittelgewichtsboxer oder auch an muskelbewehrte Kollegen wie Rafael Nadal oder Fernando Verdasco. Doch Gael Monfils ist längst eine Marke für sich im Welttennis, ein exzentrischer Typ, ein schillernder Charakter, ein echter Artist. Einer, der daherkommt wie Yannick Noah, der letzte Franzose, der vor mehr als 25 Jahren einmal den Pariser Grand Slam gewann. Bei den GERRY WEBER OPEN feiert der außergewöhnliche Spielertyp Monfils gerade ein begeisterndes Debüt und rückte bei seiner Premiere in HalleWestfalen ohne große Mühe ins Viertelfinale vor. An diesem Freitag trifft er in der Runde der letzten Acht auf Deutschlands Nummer eins, Florian Mayer – es ist auch schon ein Vorgeschmack auf das Davis Cup-Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich im Juli in Stuttgart.

Besondere Siege weiß der Top Ten-Spieler Monfils besonders zu zelebrieren, manchmal auch mit einer Rapeinlage, die er sich bei dem Amerikaner Soulja Boy abgeschaut hat. Bei Spielerpartys oder Sponsorenfesten gilt der herrlich verrückte Gallier ohnehin als Attraktion: Ist er da erst einmal richtig in Stimmung, gehört ihm die Bühne wie selbstverständlich ganz alleine – dann verzieht er seinen Körper wie ein Schlangenmensch, wie einer dieser Artisten aus chinesischen Staatszirkussen. „Wenn man ihn da sieht, könnte man glauben, er habe keine Knochen im Leib“, sagt sein früherer Tourmitstreiter Sebastien Grosjean.

Der traditionell schwierige Übergang vom Junioren – ins Erwachsenentennis hatte auch den hyperaktiven Monfils zunächst vor Probleme und Rätsel gestellt. 2004 gewann er als erster Teenager nach Stefan Edberg hintereinander die Nachwuchswettbewerbe von Melbourne, Paris und Wimbledon, doch nach einer relativ starken ersten Saison im Profizirkus verlor Monfils seine Linie und seine Motivation. Trainer kamen, Trainer gingen, doch den Erfolg brachten die Wechselspielchen nicht zurück. Erst im Frühjahr 2008 stabilisierte er sich allmählich wieder und elektrisiert nun die Fans auf der Tour.

Um die alte Form und das alte Format zurückzufinden, hatte Monfils in den wegweisenden Phasen seiner Karriere auch nicht vor unbequemen Maßnahmen zurückgeschreckt: So meldete er sich 2009 nach einer kleinen Krise für den Challengerwettbewerb in Marrakesch an und tankte mit dem prompten Sieg in der zweiten Liga seinerzeit frisches Selbstbewusstsein. Zudem engagierte er damals einen Fitness- und Ernährungsexperten, der dem Playstation-Fanatiker sofort die heißgeliebten Hamburger und Pommes verbot. Anschließend präsentierte sich Monfils drahtig und ausdauerstark, gerüstet für alle nur denkbaren Herausforderungen. „Dass er jetzt weit vorne mitspielt, ist keine Zufallsnummer“, meint Frankreichs Sportbibel „L´Equipe“.

Leider kämpft Monfils auch immer mal wieder mit gravierenden Verletzungsproblemen. Nach den Australian Open 2011 und einem kurzen Turnierabstecher in die USA ereilte ihn eine Entzündung am Handgelenk, zwang ihn für Wochen in den Wartestand. Das Geschehen im Tourzirkus konnte er nur aus der Distanz beobachten, vorm eigenen Fernseher. Ein wenig vernünftiger ist er inzwischen sowieso geworden bei seinen Tennisauftritten und vermeidet eher seine üblichen Grätschen und Spreizungen, jene bestaunten Turnübungen beim Tennis, bei denen er tatsächlich oft ausgesehen hat wie ein Großmeister der Verbiegung in der Manage. „Ich spiele mit mehr Überlegung, mehr Coolness“, sagt Monfils, fügt aber gleich hinzu: „Immer öfters. Aber nicht immer.“

Aber die großen Gefühle, die theatralischen und exaltierten Gesten gibt es immer noch voll inklusive im Monfils-Gesamtpaket, beim Kampf gegen die anderen Stars auf dem Centre Court. Wer ihn dabei als Bruder Leichtfuß wahrnimmt und begreift, als Faxenmacher, unterschätzt ihn genauso wie vor einem Vierteljahrhundert Noah – denn hinter der Fassade des Clowns verbirgt sich ein harter, unbarmherziger Arbeiter, der es ohne eiserne Disziplin nie an die Spitze des Juniorentennis und nun auch nicht in die Top Ten auf der Tour geschafft hätte.

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