Sie sehen sich als Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts / Gute Nachbarschaft ist wichtig

Insgesamt positiv: Arnold Weßling als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes blickte auf das Jahr 2012 zurück und forderte gegenseitiges Verständnis unter der Bevölkerung auf dem Land ein. Foto: r. feldkirch

Insgesamt positiv: Arnold Weßling als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes blickte auf das Jahr 2012 zurück und forderte gegenseitiges Verständnis unter der Bevölkerung auf dem Land ein. Foto: r. feldkirch

von remmert feldkirch – Borgholzhausen. Einen insgesamt durchaus positiven Rückblick wagte Arnold Weßling als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes auf das vergangene Jahr 2012. Zum Teil würden die Bauern mehr verdienen, aber die Kosten stiegen dafür an. „Der grüne Berufszweig ist die Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts“, stellte Weßling fest und forderte gleichzeitig wechselseitiges Verständnis zwischen Landwirten und der ländlichen Bevölkerung ein. Ohne das sei ein gedeihliches Miteinander nicht möglich.

„Wir und auch die nachfolgenden Generationen haben keinen Mangel kennengelernt, so Arnold Weßling. Satt zu Essen sei für die jetzigen Generationen eine Selbstverständlichkeit. Doch etwas habe sich im vergangenen Jahr grundsätzlich verändert: Große Lagerbestände an Lebensmitteln wie Getreide gebe es nicht mehr. Bei Engpässen steigen die Preise deshalb sofort an.

Sein Lieblingsthema ist nach wie vor der Milchpreis. Im vergangenen Jahr habe der bei 34 Cent gelegen. Das sei exakt der gleiche Preis wie 1984. Durch Leistungssteigerung und Rationalisierung sei das Produkt so preisgünstig geblieben. Hier bestehe Nachholbedarf, doch im Allgemeinen könnten die Bauern nicht klagen.

Preise gut: Durch die Dürre in den USA und Überschwemmungen in Russland stiegen die Preise für Getreide auf dem Weltmarkt stark an. Foto: h. gontek

Preise gut: Durch die Dürre in den USA und Überschwemmungen in Russland stiegen die Preise für Getreide auf dem Weltmarkt stark an. Foto: h. gontek

Die Preisentwicklung beim Ackerbau sei gut, das käme durch die knappe Versorgung der internationalen Märkte. Die Dürre in den USA und die Überschwemmungen in Russland seien die Ursache gewesen, die Vorräte sind geschrumpft. Dafür seien allerdings auf der anderen Seite die Futterkosten gestiegen, schlecht für die Viehhaltung. Speziell die Sauenhalter erzielten seit Jahren kaum noch Gewinne, für sie müsse es eine langfristige Perspektive geben. Immer neue und kostenintensive Auflagen zwängen kleinere Betriebe zum Aufgeben.

Klimawandel, Ernährung und Bioenergie
Zurück zum grünen Berufszweig als Schlüsselbranche: Die ganz großen Themen unserer Zeit wie Klimawandel, Welternährung und Bioenergie seinen ohne die Landwirte nicht zu stemmen. Allerdings stehe die Arbeit der Landwirte im Fokus der Bürger. „Da kann ich immer nur für mehr Transparenz in unserem Berufsstand werben.“ Das sei der richtige Weg, um die landwirtschaftlichen Leistungen in der Bevölkerung darzustellen. Dazu betonte Arnold Weßling: „Wir Landwirte sind zum fairen Dialog mit Verbrauchern und Entscheidungsträgern immer bereit.“

Ein Problem nicht nur für die Landwirte, sondern für die ganze Gesellschaft sei der immense Flächenverbrauch, den es nach wie vor gebe. Angesichts dessen, dass der Bedarf an Nahrungsmittel und auch Bioenergie weiter ansteige, dürfe das so nicht weiterlaufen. Durch den Bau der A 33 und jetzt auch durch den Lückenschluss habe die Landwirtschaft im Kreis enorm an Fläche verloren. „Wir stehen jetzt vor dem größten Flächenbedarf in der gesamten Geschichte des Kreises Gütersloh“, machte Weßling deutlich.

Natürlich müssten die notwendigen Entwicklungen laufen, dem hätten sich die Landwirte auch nie verschlossen. Aber trotzdem müsse hier die Bremse gezogen werden, denn „die Ressource Boden ist nicht vermehrbar.“ In Politik und Öffentlichkeit brauche man ein ganz anderes Bewusstsein für den Wert der Lebensgrundlage Boden, so die ernste Forderung von Arnold Weßling, der dabei nicht nur die Interessen seines Berufsstandes im Auge hat. Schließlich können Menschen ohne Lebensmittel nicht existieren.

Ein wichtiges Thema gerade zu Beginn eines neuen Jahres ist für den Vorsitzenden der Landwirte im Kreis das Image der Bauern in der Bevölkerung. „Wechselseitiges Verständnis für einander ist besser als die Anwendung des Ordnungsrechtes“, so Weßling. Soll heißen, statt jemanden anzuschwärzen, sollte man besser auf Verständnis setzen und miteinander reden. Die Landwirtschaft sei darauf angewiesen, zu Zeiten zu arbeiten, in denen es durchaus störend ist. Aber die Landwirte sollten auch Rücksicht nehmen, wenn es möglich ist. Man müsse eben behutsam miteinander umgehen. Genau so, wie sich die Landwirte freuen, dass im frischen Gras nicht überall ein Hundehaufen das Futter für die Tiere unbrauchbar macht.

Höfe für die Öffentlichkeit mehr öffnen
Deshalb sei es auch wichtig, den Kontakt zur Nachbarschaft nicht zu verlieren, diese gute Nachbarschaft sei doch auch ein Vorteil des ländlichen Raumes und die Landwirte seien auf die Akzeptanz im Umfeld angewiesen. Dazu gehöre ein offener Dialog mit allen, die sich einbinden lassen. „So lange wir miteinander reden, klappt das Zusammenleben. Wenn nur noch übereinander geredet wird, das ist schlecht.“ Und wenn man sich kennt, das weiß der Vorsitzende aus eigener Erfahrung, ist viel eher das Verständnis dafür da, wenn es mal stinkt oder das auch am Sonntag mal geerntet werden muss.

„Das gute Klima im ländlichen Raum ist sehr wichtig“, sagt Weßling. Zu ersten Mal leben in Deutschland mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land, es gibt also eine »Landflucht«. Das habe die unterschiedlichsten Ursachen. Dagegen sollte man etwas unternehmen. So müssten die Höfe geöffnet werden und zeigen, wie Landwirtschaft funktioniert. Es gebe bereits gute Beispiele wie das Projekt »Landwirtschaft macht Schule«. Da werden Schulklassen während des Unterrichts auf die Höfe eingeladen.

„Ich persönlich möchte meine Gesprächsbereitschaft signalisieren.“ Der Landwirt sei gut beraten, am sozialen Leben teilzunehmen, auch wenn er zeitlich durch seinen Beruf immer stärker beansprucht werde. Die Stärke des ländlichen Raumes sei seine Übersichtlichkeit. „Hier gibt es noch bewährte Gemeinschaftsstrukturen, und die sollten wir alle gemeinsam erhalten.“

Be Sociable, Share!

    Kommentar schreiben

    *

    code



    Options Theme