Neu gegründete ökumenische Flüchtlingsinitiative bietet Hilfe für Asylbewerber

Schwierige Situation: Menschen auf der Flucht, wie hier aus Syrien, haben es schwer. Oft landen sie in Ländern, deren Sprache sie nicht sprechen und in denen sie niemanden kennen. Daher bedeutet es für sie eine große Hilfe, wenn sie vor Ort Unterstützung erfahren, jemanden zum Reden finden und Angebote, die sie zumindest für einer kurze Zeit ihr persönliches Schicksal vergessen lassen. Genau das möchte die neue ökumenische Flüchtlingsinitiative in Werther bieten. FOTO: DPA

Schwierige Situation: Menschen auf der Flucht, wie hier aus Syrien, haben es schwer. Oft landen sie in Ländern, deren Sprache sie nicht sprechen und in denen sie niemanden kennen. Daher bedeutet es für sie eine große Hilfe, wenn sie vor Ort Unterstützung erfahren, jemanden zum Reden finden und Angebote, die sie zumindest für einer kurze Zeit ihr persönliches Schicksal vergessen lassen. Genau das möchte die neue ökumenische Flüchtlingsinitiative in Werther bieten. FOTO: DPA

VON ANJA HANNEFORTH  Werther. Sie reden munter durcheinander, mal ernst, mal fröhlich, sprechen in entspannter Atmosphäre über alles, was ihnen wichtig ist, auf Deutsch, auf Englisch, auf Französisch, mit der spontanen Hilfe eines Dolmetschers und notfalls mit Händen und Füßen: Das Frühstückstreffen für Flüchtlinge in Werther an jedem ersten Samstag im Monat ist ein voller Erfolg. Jeder kann und darf teilnehmen, egal aus welchem Land, egal mit welchem Hintergrund, egal wie alt, egal welche Religion, „alle sind willkommen“, sagt Pastorin Silke Beier. Sie ist Mitglied der neu gegründeten ökumenischen Flüchtlingsinitiative in Werther, kurz ÖFI, die sich der Flüchtlinge in Werther annehmen möchte. Das Früh- stückstreffen soll hier nur ein Anfang sein.

Vor etwa 20 Jahren, blickt Silke Beier zurück, hätte es in Werther schon einmal einen Flüchtlingskreis gegeben. Der sei aber wieder eingeschlafen –vielleicht, weil die Zahl der Zu- wanderer nach der großen Welle Ende der 1990er Jahre ebenfalls zurückging. Noch bis vor kurzem hatte die Zahl der Flüchtlinge in Werther bei gut 20 Personen gelegen. Inzwischen leben 57 Menschen im städtischen Übergangsheim an der Weststraße, Tendenz steigend.

Immer wieder gab und gibt es einzelne Kontakte zwischen Wertheraner Bürgern und den Flüchtlingen, eine organisierte Gruppe jedoch, die feste Angebote schafft und Hilfestellung gibt, bestand nicht.

Das soll nun anders werden. Bei einem Gesprächskreis der evangelischen Kirchengemeinde kam die Sprache auf das Thema Flüchtlinge und was man hier vor Ort für sie tun kann. „Ideen hatten wir viele“, schildert Silke Beier. „Aber was wirklich gewünscht und gebraucht wurde, wussten wir nicht.“

Schnell jedoch fanden sich Gleichgesinnte und schnell waren auch Vertreter der katholischen Kirchengemeinde mit im Boot. Zusammen haben sie nun die ökumenische Flüchtlings- initiative ins Leben gerufen.

Und mit dem Frühstückstreffen im evangelischen Gemeindehaus gleich das erste Angebot geschaffen. Ein Angebot, das für alle offensteht, ohne Verpflichtung, regelmäßig zu erscheinen oder mehr über sich preiszugeben, als man möchte.

„Es dient einfach dazu, miteinander ins Gespräch zu kommen, den Flüchtlingen zu signalisieren, dass sie hier willkommen sind, dass es jemanden gibt, den sie ansprechen können, abgesehen von der Asylbewerberbetreuerin und den Vertretern der Ämter“, fasst Silke Beier zusammen. Am ersten Treffen hätten acht Asylbewerber teilgenommen, jüngst wären es schon mal über 20 gewesen.

So erwünscht eine hohe Zahl bei den Frühstückstreffen ist, so wenig erwünscht ist sie im Übergangsheim an der Weststraße. Werner Glenewinkel schildert, dass in den 24 Zimmern der vier Reihenhäuser inzwischen zwei bis drei Personen leben, „nicht unproblematisch“, sagt er. Sollte das Übergangsheim jemals die Maximalbelegung von 92 Personen erreichen –n ach derzeitigem Stand nicht ausgeschlossen –stelle sich die Situation noch problematischer dar.

Diese Probleme würden aber nicht nach außen getragen, erzählt Glenewinkel. „Wenn man die Menschen fragt, wie es ihnen geht, antworten sie immer mit »gut«. Sie jammern nicht.“ Silvia Mai bestätigt dies und weiß doch: „Da ist so viel Leid. Manchmal erzählen die Bewohner davon, wie sie in ihrer Heimat verfolgt wurden oder ins Gefängnis mussten. Aber viele halten das tief in sich verschlossen, weil sie es sonst vielleicht gar nicht ertragen können.“

Ihr größtes Kümmernis hier sei, endlich ihren Anhörungstermin im Asylverfahren zu bekommen. „Diese Warterei zermürbt“, erzählen die Mitglieder der Flüchtlingsinitiative, dass manche Bewohner der Weststraße weit mehr als ein Jahr hätten warten müssen. Ohne Arbeitserlaubnis würden die Tage lang, Langeweile, Unzufriedenheit und Depressionen seien die Folge.

Spielnachmittage, Sport und mehr

Hier will die Flüchtlingsinitiative gegensteuern. Mit dem Frühstückstreffen hat sie das erste Angebot etabliert. Dazu bietet ein Mitglied ehrenamtlich Deutschunterricht an –„ einen Anspruch auf offizielle Sprachkurse haben Asylbewerber nicht“, bedauern die Wertheraner. Werner Glenewinkel hatte am Mittwoch außerdem eine »Fahrradstunde«, in dem er mit einem Bewohner Fahrräder repariert hat. Ins Auge gefasst haben die Mitglieder der Initiative darüber hinaus eine Backaktion, sportliche Angebote, Spielenachmittage und Ausflüge in die nähere Umgebung. Langfristiges Ziel ist es zudem, eine Art Patensystem aufzubauen, so dass jeder Asylbewerber einen festen Ansprechpartner hat. „Unterstützer sind jederzeit willkommen“, lädt die Gruppe herzlich zur aktiven Mithilfe ein. Und nicht nur Taten sind willkommen: Wer ein gut funktionierendes Fahrrad hat, das er nicht mehr braucht, elektrische Geräte oder gute Matratzen, kann sich gern mit der Flüchtlingsinitiative in Verbindung setzen.

INFO – Weitere Mitglieder gern gesehen

Die ökumenische Flüchtlingsinitiative würde sich sehr über neue Mitglieder freuen. Wer sich informieren oder der Gruppe anschließen möchte, erreicht Pastorin Silke Beier unter Tel: ( 05 20 3) 29 69 70 oder kann unverbindlich zu den monatlichen Treffen jeden ersten Mittwoch um 18.30 Uhr im blauen Raum des evangelischen Gemeindehauses kommen. Das nächste Frühstückstreffen mit den Asylbewerbern –sie erhalten ihre Einladungen inzwischen per Postwurfsendung in deutscher, englischer, französischer und sogar arabischer Sprache –f indet am morgigen Samstag um 10 Uhr ebenfalls im Gemeindehaus statt.

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