Viele Gewerbetreibende beschweren sich über geplante Sperrung des Marktplatzes für den Autoverkehr

Rauch - auch ohne Auspuffqualm

Rauch - auch ohne Auspuffqualm

VON JONASDAMME – Steinhagen. Der Markplatz soll für den Autoverkehr wieder dicht gemacht werden. Das hat die Mehrheit aus SPD und Grünen im Haupt- und Finanzausschuss entschieden (das HK berichtete am 1. November). Wie kommt diese Entscheidung bei den Gewerbetreibenden am Marktplatz an? Das Haller Kreisblatt hat sich gestern umgehört. Die Reaktionen fielen deutlich aus.

Sieben Jahre ist es her, dass der Haupt- und Finanzausschuss entschieden hat, den Marktplatz für den Autoverkehr zu öffnen. Nun revidiert er seine Entscheidung –die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. So lange die Diskussion währt, so lange haben sich die anliegenden Geschäftsleute eingebracht. Die meisten von ihnen fürchten, dass auf dem Markplatz künftig noch weniger Leben herrscht.

Susanne Thron-Heye von der Markt-Apotheke kämpft schon lange für einen verkehrsoffenen Marktplatz. „Mit der Entscheidung zur Schließung bin ich absolut unzufrieden“, sagt sie, „damit haben sich unsere jahrelangen Bemühungen, das Zentrum durchlässiger zu machen, erledigt.“ Sie erwartet Nachteile für ihr Geschäft und glaubt darüber hinaus nicht, dass der Platz selber profitieren wird. „Die Parkplätze vor der Apotheke sind ganz wichtig für viele ältere Leute“, so die Apothekerin. Für manche, die Probleme beim Laufen hätten, sei schon der Weg zu den abgelegenen Plätzen auf dem Marktplatz zu lang. Auch glaubt sie, dass die Sperrung nicht dazu führen werde, dass sich in Zukunft mehr Gäste auf dem Marktplatz aufhalten werden. „Den Bereich so zu entvölkern, kann doch nicht der Sinn sein.“

Mit dieser Position ist sie sich mit Siegfried Leidinger vom gleichnamigen Schreibwarengeschäft einig. Er nennt die Entscheidung zur Marktplatzschließung eine „Katastrophe“. „Bei uns kaufen viele Ältere, die gerne mit dem Auto kommen. Manche würden am liebsten gleich im Laden parken“, übertreibt er, um deutlich zu machen, wie sehr es ihm darauf ankommt, den Käufern lange Wege zu ersparen. Und er spricht aus Erfahrung: „Wir hatten früher ja schon mal den Vergleich. Als der Marktplatz geöffnet wurde, haben wir durchaus gemerkt, dass mehr Leute kommen.“ Auch fühle er sich von der Politik nicht ernstgenommen. „In Gesprächen Anfang des Jahres hieß es noch, dass der Markt befahrbar bleibt. Die Beteiligten haben sich unglaubwürdig gemacht. Ich fühle mich betrogen.“

,,Das ist Geschäftsschädigend“

Doch es gibt auch Stimmen, die sich für einen verkehrsberuhigten Markplatz aussprechen. Schuhmacher Marc Steinmeier sieht die Pläne positiv. „Den Ortskern beleben, geht nur über Aufenthaltsqualität, und Aufenthaltsqualität und Autoverkehr widersprechen sich.“ Steinmeier wohnt in Bielefeld und kommt deshalb schnell auf einen dortigen Vergleich. „Die Geschäftsleute am Kesselbrink – der wurde in den vergangenen Monaten vom Parkplatz zum Erholungsort –haben anfangs auch geschimpft. Nun ist dort aber viel mehr los als vorher.“ Auch in Steinhagen könne man nun damit beginnen, den Platz zu beleben. „Zum Beispiel mit einer Boulebahn, einem großen Schachbrett oder Wasserspielen.“ Wenn die Einkäufer wüssten, dass sie sicheren Fußes mit ihren Kindern zum Marktplatz gehen könnten, würden sie wieder mehr Zeit im Zentrum verbringen. Bei seiner Position spielt aber auch die Tatsache eine Rolle, dass er, wie er selbst sagt, nicht auf Laufkundschaft angewiesen ist. „Meine Kunden kommen gezielt zu mir.“

Das unterscheidet seinen Betrieb von Johanna Zeises Geschäft »J.A.Z. Fashion«. „Es könnte schon sein, dass Kunden wegbleiben, besonders bei den Spontankäufen“, fürchtet die Geschäftsfrau. „Ich würde mir wünschen, dass alles so bleibt, wie bisher.“

Deutliche Worte findet Doris Strothmann von der Wollstube: „Das ist geschäftsschädigend.“ Seit langem begleitet sie die politische Diskussion, hat auch schon als Gast an Ausschusssitzungen teilgenommen. „Dort gab es so viele gute Vorschläge.“ Gerade für ihre älteren Kunden mit Gehwagen oder Rollstuhl sei die Sperrung für den Autoverkehr ein großes Problem. „Außerdem werden Parkplätze fehlen.“ Dass die Brinkstraße und das Parkdeck alle Autos, die künftig nicht mehr auf dem Marktplatz stehen dürfen, aufnehmen können, glaubt sie nicht.

„Wenn es wirklich so kommt, ist der Marktplatz hier unten tot und die Geschäftsimmobilien werden an Wert verlieren“, prophezeit Doris Strothmann. Entsprechend denke sie darüber nach, sich in den kommenden Wochen gegen die Ausschuss-Entscheidung einzusetzen.

Stefan Gök vom Eiscafé Bellagio ist auch kein Freund der Neuerung, auch wenn er sich um sein Café keine Sorgen macht. „Für uns ist das nicht schlimm“, sagt er. Viel Verkehr fahre an seinen Außentischen schon jetzt nicht vorbei, weniger könne aber auch nicht schaden. Und da seine Gäste meist in der Brinkstraße oder anderswo parken, hätten die keine Probleme.

Fehlendes Gesamtkonzept

Trotzdem kritisiert er die Umsetzung: „Wenn man hier alle paar Jahre etwas ändert, braucht man sich auch nicht wundern, dass das Zentrum ausstirbt. Was fehlt ist ein Gesamtkonzept.“ Wenn klar wäre, wofür der verkehrsfreie Bereich gebraucht werde, sei die Einschränkung eher vermittelbar, meint Stefan Gök.

Dünya Kirbas vom Marktcafé freut sich indes über den Gewinn, den die Kinder bei einer Verkehrssperrung hätten. „Die Autos fahren hier doch manchmal sehr schnell“, sagt sie. „Das ist für die Kinder eine große Einschränkung. Am Brunnen wird im Sommer immer viel gespielt. Da muss ich mir nun weniger Sorgen machen.“

Mit dieser Position ist sie sich
mit Siegfried Leidinger vom
gleichnamigen Schreibwarengeschäft
einig. Er nennt die Entscheidung
zur Marktplatzschließung
eine „Katastrophe“.
„Bei uns kaufen viele Ältere,
die gerne mit dem Auto
kommen. Manche würden am
liebsten gleich im Laden parken“,
übertreibt er, um deut-
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